Die Europäischen Jugendziele werden in Anhang 3 der EU-Jugendstrategie 2019-2027 vorgestellt, um der EU, ihren Mitgliedstaaten und ihren relevanten Interessengruppen und Behörden als Inspiration und Orientierung zu dienen. Ziel dieser Untersuchung war es, die Umsetzung von 11 Europäischen Jugendzielen in vier EU-Mitgliedstaaten – Österreich, Italien, Lettland und Polen – sowie in einem EU-Kandidatenland – Serbien – zu bewerten und zu vergleichen.

Die Untersuchung wurde von April bis Juli 2023 durchgeführt. Sie bestand aus drei Teilen: 1. einer Schreibtischanalyse, 2. einer Online-Umfrage und 3. Fokusgruppen. Die Schreibtischanalyse bestand darin, die verfügbaren Daten zu sammeln, die von den EU-Institutionen, nationalen Institutionen, subnationalen Institutionen und Nichtregierungsorganisationen zusammengestellt und veröffentlicht wurden. Die Fragen in der Online-Umfrage sowie die Leitlinien für die Fokusgruppen wurden entwickelt, um die Meinungen und Erfahrungen junger Menschen zu sammeln, die für den Stand der Umsetzung aller 11 EU-Jugendziele in den jeweiligen Ländern maßgeblich sind.
Lettland und Serbien verfügen über das am stärksten zentralisierte System zur Umsetzung der Jugendpolitik mit umfassenden Gesetzen, die diesen Bereich regeln, und eigenständigen mehrjährigen strategischen Dokumenten. Sie verfügen auch über Ministerien, die für die Jugendpolitik zuständig sind, sowie über beratende Gremien mit Vertretern der öffentlichen Verwaltung und der Jugendorganisationen. In Österreich, Italien und Polen wird die Jugendpolitik auf dezentralere Weise umgesetzt.

Jugendziel Nr. 1: Die EU mit der Jugend verbinden ist das Ziel, das in den nationalen politischen Dokumenten am wenigsten enthalten ist. Die Umfrage zeigt, dass junge Menschen mit Ausnahme von Serbien im Allgemeinen eine positive Einstellung zur Europäischen Union haben. Allerdings ist die Beteiligung an den EU-Wahlen unter den Jugendlichen geringer als in der Gesamtbevölkerung, und die Fokusgruppen kamen zu dem Schluss, dass die Union für viele junge Menschen sowohl in der EU als auch außerhalb der EU abstrakt bleibt und es an Informationen über ihre Funktionsweise und Werte mangelt.

Das Jugendziel Nr. 2: Gleichstellung aller Geschlechter gehört zu den Zielen, die in den nationalen politischen Dokumenten am wenigsten berücksichtigt werden. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass junge Menschen der Meinung sind, dass es in einigen Bereichen wie dem Arbeitsmarkt und dem Familienleben immer noch Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen gibt. Auch die Fokusgruppen bestätigten diese Schlussfolgerung und vertraten die Meinung, dass die nationalen Regierungen mehr tun sollten, um diese Probleme anzugehen.

Jugendziel Nr. 3: Integrative Gesellschaften ist eines der Ziele, die in den nationalen politischen Dokumenten einen höheren Grad an Integration aufweisen. Wie die Umfrage zeigt, sind junge Menschen in ganz Europa noch immer in erheblichem Maße mit Gewalt und Diskriminierung konfrontiert. Die Untersuchung zeigt auch, dass sie persönlichen Freiheiten und Integration einen hohen Stellenwert beimessen, was im Zusammenhang mit diesem Ziel besonders wichtig ist. Die Fokusgruppen kamen zu dem Schluss, dass die LGBTQ+-Gemeinschaft nach wie vor von gesellschaftlicher Diskriminierung bedroht ist, ebenso wie andere Gruppen wie Wanderarbeiter, ethnische Minderheiten und Menschen mit Behinderungen. Die Rolle der Schule als der Ort, an dem Diskriminierung zum ersten Mal auftritt, wurde hervorgehoben.

Jugendziel Nr. 4: Information und konstruktiver Dialog gehört zu den Zielen, die in den nationalen Strategiepapieren am wenigsten berücksichtigt werden. Obwohl junge Menschen glauben, dass sie häufig mit Fake News und Fehlinformationen konfrontiert werden, sind viele von ihnen nicht sicher, ob sie diese erkennen können, wie die Ergebnisse der Umfrage und der Fokusgruppen zeigen.

Jugendziel Nr. 5: Psychische Gesundheit und Wohlbefinden ist in den nationalen Politikdokumenten mäßig gut berücksichtigt. Den Umfrageergebnissen zufolge haben junge Menschen im Allgemeinen nicht das Gefühl, dass in ihrem Land professionelle Hilfe für psychische Probleme zur Verfügung steht, während ein erheblicher Prozentsatz von ihnen mit Stress, Angstzuständen und Depressionen zu kämpfen hat. Die Fokusgruppen kamen zu dem Schluss, dass es in mehreren Ländern immer noch ein Tabu ist, über seine psychischen Probleme zu sprechen und um Hilfe zu bitten, und dass das Bildungssystem der erste Bereich ist, in dem Verbesserungen vorgenommen werden sollten.

Jugendziel Nr. 6: Die Jugend im ländlichen Raum voranbringen gehört zu den Zielen, die in den nationalen Strategiepapieren in größerem Umfang enthalten sind. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass junge Menschen der Aussage, die Lebensbedingungen in ländlichen Gebieten seien gut, eher nicht zustimmen. Fokusgruppen kamen zu dem Schluss, dass junge Menschen mit den Problemen einer unterentwickelten Infrastruktur, unzureichenden Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten sowie einer unzureichenden Beteiligung an Entscheidungsprozessen konfrontiert sind und dass die Mehrheit derjenigen, die in ländlichen Gebieten leben, erwägen würde, diese zu verlassen.

Jugendziel Nr. 7: Qualifizierte Beschäftigung für alle ist das Ziel, das in den nationalen Strategiepapieren am stärksten berücksichtigt wird. Die Jugendarbeitslosigkeit ist in jedem der fünf Länder nach wie vor deutlich höher als die Gesamtarbeitslosigkeit. Für junge Menschen sind formale und informelle Bildung sowie persönliche Kontakte die wichtigsten Faktoren, um einen Arbeitsplatz zu finden. Die Fokusgruppen kamen zu dem Schluss, dass junge Menschen weitere Möglichkeiten zum Erwerb von Qualifikationen benötigen, um auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig zu sein. Die wichtigsten Elemente der Arbeitsplatzqualität sind angemessene Löhne und sozialer Schutz, die häufig nicht erfüllt sind.

Jugendziel Nr. 8: Qualitatives Lernen ist in den nationalen politischen Dokumenten nur mäßig berücksichtigt. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass sowohl die Zufriedenheit mit dem Bildungsprogramm als auch dessen Nützlichkeit für die Arbeitssuche in allen Ländern außer Serbien über 3 liegt (auf einer Skala von 1 bis 5). In den Fokusgruppen schlugen die jungen Menschen eine breite Palette von Maßnahmen zur Verbesserung ihrer nationalen Bildungssysteme vor, darunter mehr Flexibilität für Studierende bei der Gestaltung ihrer eigenen Lehrpläne, die Einführung von mehr praktischer Erfahrung und die Anerkennung von Kenntnissen und Fähigkeiten, die durch non-formale Bildung erworben wurden.

Jugendziel Nr. 9: Raum und Beteiligung für alle gehört zu den Jugendzielen, die in den nationalen Politikdokumenten stärker berücksichtigt werden. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die Befragten eher nicht der Meinung sind, dass die politischen Institutionen in ihren Ländern ihnen die Möglichkeit geben, Einfluss auf die Entscheidungsfindung zu nehmen. Junge Menschen in Österreich haben ein hohes Maß an Vertrauen in die nationalen politischen Institutionen, während das Vertrauen unter jungen Menschen in Serbien gering ist. Andere Länder liegen irgendwo dazwischen. Die Fokusgruppen kamen zu dem Schluss, dass es jungen Menschen oft an Möglichkeiten, Interesse und manchmal auch an Selbstvertrauen fehlt, um sich an Entscheidungsprozessen zu beteiligen.

Jugendziel Nr. 10: Nachhaltiges grünes Europa ist in den nationalen Politikdokumenten nur mäßig berücksichtigt. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass junge Menschen in Österreich und Lettland im Allgemeinen mit der Qualität der Umwelt zufrieden sind; junge Menschen in Polen bewerten die Qualität der Umwelt weder als gut noch als schlecht; und die jungen Menschen in Italien und Serbien glauben im Allgemeinen, dass die Qualität schlecht ist. Die Fokusgruppen machten mehrere Vorschläge zur Förderung umweltfreundlicher Praktiken: Dazu gehören der Austausch persönlicher Erfahrungen in sozialen Netzwerken, die Einbeziehung in das Bildungssystem und die Schaffung von Fachkräften mit Kompetenzen in den Bereichen Nachhaltigkeit und Innovation.

Jugendziel Nr. 11: Jugendorganisationen und europäische Programme ist in den nationalen Politikdokumenten nur mäßig berücksichtigt. Die meisten jungen Menschen mit Ausnahme von Polen haben entweder noch nie an einem EU-Programm teilgenommen oder wissen nicht, ob sie es getan haben. Die Fokusgruppen kamen zu dem Schluss, dass junge Menschen europäische Programme für nützlich halten und größtenteils daran interessiert sind, an ihnen teilzunehmen. Der Mangel an Bewusstsein und Informationen bleibt jedoch ein Problem.